Nov 022016
 

Die Seniorenakademie Frankfurt-Słubice

Eine Vortragsreihe an der Oder entwickelt sich zum Begegnungsprojekt von und für Senioren. Durch das treue Publikum und die gute Zusammenarbeit mit der Frankfurter Hochschule ist die Deutsch-polnische Seniorenakademie seit 16 Jahren eine Institution der Doppelstadt.

Die Deutsch-polnische Akademie ist ein Begegnungsprojekt von und für Senioren aus Frankfurt (Oder) und Słubice.

Die Deutsch-polnische Akademie ist ein Begegnungsprojekt von und für Senioren aus Frankfurt (Oder) und Słubice.

Das Publikum der Seniorenakademie ist ein ungewohnter Anblick an der Frankfurter Hochschule: jeden ersten Dienstag im Monat graue Häupter im Hörsaal, Gehhilfen in der Garderobe und absolute Stille in den Reihen. Die deutsch-polnische Vortragsreihe in der Doppelstadt zu starten ist Henryk Rączkowskis Idee (1931-2013): „Durch Vermittlung von Kenntnissen über die gemeinsame Geschichte, der Kultur beider Länder und weiteren aktuellen Themen trägt sie dazu bei, Vorurteile abzubauen und das nachbarschaftliche Zusammenleben zu fördern.“ so formuliert es das Gründungsprotokoll im Juni 2000. Der erste Vortrag beschäftigt sich mit der „Tausendjährigen Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschen und Polen“. 2001 geht es um „Ordnung und Sicherheit im Grenzgebiet“ oder „Die Einführung des Euro in Deutschland und Polen“. Das wichtigste Kriterium ist es, dass die Themen Frankfurter und Słubicer gleichermaßen interessieren.

Die Seniorenakademie lädt seit über 15 Jahren während des Semesters zu Veranstaltungen ein. Im Publikum links sitzt Gründer Henryk Raczkowski (2011).

Die Seniorenakademie lädt seit über 15 Jahren während des Semesters zu Veranstaltungen ein. Im Publikum links sitzt Gründer Henryk Raczkowski (2011).

„Die Seniorenakademie ist eine gesellschaftliche Initiative“ erklärt Eberhard Plehn, heute Vorsitzender des Organisationskomitees. Für die Vortragsreihe können Räume und Technik der Europa-Universität Viadrina und des Collegium Polonicum genutzt werden, abgesehen davon kommen die Aktiven bis heute ohne Fördermittel aus. Der Blumenstrauß für den Gast wird aus eigener Tasche bezahlt, die Dozenten angesprochen, eingeladen, eine Übersetzung organisiert, Programme gedruckt und verteilt – alles ehrenamtlich. Eine Homepage hat die mittlerweile ehrwürdige Frankfurt-Słubicer Institution zwar nicht, „Kraft und die Zeit reichen einfach nicht aus“, aber das System funktioniert: Die Frankfurter Universität bewirbt die Termine über Ihren öffentlichen Veranstaltungskalender, Interessierte erfahren durch lokale Presse und Mundpropaganda von den Veranstaltungen. Über die Jahre entsteht ein fester Zuhörerkreis von etwa 50 Personen.

Ein wichtiger Faktor für kontinuierliche Arbeit der Seniorenakademie liegt wohl darin, dass sie so gut vernetzt ist in Stadt und Universität – man kennt sich einfach. Und Senioren sind ein zuverlässiges Publikum. Auch inhaltlich trägt die Nähe zur Universität zum Erfolg bei. Wenn beispielsweise der Professor im Nachbarbüro der Initiative seinen Vortrag zum Wiederaufbau des Warschauer Schlosses noch einmal in der Seniorenakademie hält. Wie so oft fehlen jedoch Leute, die sich aktiv bei der Themenfindung und Organisation einbringen. „Auch eine Seniorenakademie kann Nachwuchssorgen haben“ schmunzelt Eberhard Plehn. Er selbst habe sich auch nicht um den Vorsitz gerissen, „aber irgendwer muss es ja machen“.

Mitglieder der Seniorenakademie bei einem Treffen mit der polnischen Partnerinitiative Universität des Dritten Lebensalters Gorzow im Mai 2016 (Foto: Carla Skobjin)

Mitglieder der Seniorenakademie bei einem Treffen mit der polnischen Partnerinitiative Universität des Dritten Lebensalters Gorzow im Mai 2016 (Foto: Carla Skobjin)

Trotz aller Schwierigkeiten schaffen es die Aktiven jedes Semester ein interessantes Programm zusammenzustellen und erklären sich immer wieder Referenten bereit, ohne Honorar vorzutragen. Deutsch-polnische Regionalgeschichte war in der Anfangszeit ein Zugpferd für das Publikum. Da gab es Diskussionen, wenn in einem Vortrag über Preußen die polnische Perspektive zu kurz kam. Heute geht es auch mal um Gesundheit im Alter und Umweltschutz. Oder die Abschlussklasse der nahe gelegenen Musikschule spielt auf. Nicht allen sind bestimmte Themen wichtig. Für die Kerngruppe ist die Veranstaltung manchmal einfach ein guter Grund rauszugehen und Bekannte zu treffen. Auch damit übernimmt die Initiative eine wichtige Funktion. „Die große Mehrheit der Frankfurter und Slubicer erreichen wir nicht“ sagt Plehn nüchtern. Aber für diejenigen, die ein offenes Ohr haben und bereit seien sich vorurteilsfrei zu begegnen, für die seien die Veranstaltungen ein wunderbarer Ort.

seit 2000 in Frankfurt (Oder) / Słubice
Gespräch mit Eberhard Plehn
Träger Seniorenrat Frankfurt (Oder) und Seniorenclub Słubice
Förderer Europa-Universität Viadrina, Collegium Polonicum

 

Infos im Netz
Öffentlicher Veranstaltungskalender der Viadrina:
www.europa-uni.de/pressestelle/aktuelles/oeff_veranst/index

 

Publikation herausgegeben von:

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